Tod einer Marke

Mit einer katastrophalen politischen Dummheit hat sich die Querdenker-Bewegung selbst den Stecker gezogen. Ein Nachruf und eine klare Distanzierung.

In den hitzigen Diskussionen um den Umgang mit der Corona-Pandemie war die Bewegung der Querdenker für viele ein Licht am Horizont. Der vorangetragene Friedenswille und der Vorsatz, mit allen gesittet zu reden, brachte viel Zustrom, aber auch viel Kritik ein.

Viele folgten dem Beispiel. Menschen politisierten sich, diskutierten miteinander. Man hatte auf den Veranstaltungen der Querdenker den Eindruck, die meisten Menschen stammten aus der sozial gesunden, politischen Mitte der Gesellschaft. Trittbrettfahrer und Extremisten waren Randerscheinungen, gleichwohl mit großem medialen Echo.

Michael Ballweg, der Gründer der Bewegung selbst, lud am 10.11.2020 über hundert Aktive der Bewegung per Mail zu einem strategischen Treffen in Saalfeld, Thüringen ein. Der Veranstaltungsort würde bei Anmeldung noch bekannt gegeben. Dass es ausgerechnet die Hallen von Peter Fitzek, König von Deutschland sein würden, war den meisten nicht klar.

Dieser führende Kopf der Reichsbürger-Szene fordert ein Deutschland in den Reichsgrenzen von 1937. Dieses Ansinnen ist nicht nur indiskutabel dämlich, rechtsradikal, verfassungsfeindlich und, da Landesgrenzen nicht anerkannt sondern nach außen geschoben werden, kriegstreiberisch und völkerrechtswidrig, sondern es rückt Herrn Fitzek außerhalb jedes politischen Diskurses. Fitzek bewegt sich nicht im Sinne von Recht, Gesetz und guter Sitte. Das Echo fällt wie erwartet aus: Triumph bei der Tagesschau, Katerstimmung auf der Seite der Sympathisanten.

Nein, Herr Ballweg, man darf eben doch nicht mit jedem reden. Es war dumm, die Querdenker mit extremen Reichsbürgern zu verklammern. Vielleicht war es auch Vorsatz? Der Versuch ist in jedem Falle gescheitert. In solchem Umfeld ein wichtiges Querdenker-Strategietreffen abhalten zu wollen, enttäuscht alle, die sich unter dem Label der Querdenker berechtigte Sorgen um die Zukunft des Rechtsstaats machen. Es ging und geht um das ausgehebelte deutsche Grundgesetz, um berechtigte Kritik an den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und um deren soziale, kulturelle und wirtschaftliche Folgen. Mit dem Ansinnen von Reichsbürgern und Nazis hat das nichts zu tun!

Ich selbst habe mit den Inhalten und der Vorgehensweise der Querdenker-Bewegung einige Zeit lang sympathisiert. Diese Marke ist jetzt nachhaltig beschädigt. Ich bin weg und fordere alle anderen dazu auf, das Gleiche zu tun. Die Antifa schreit „ihr marschiert mit Nazis und Faschisten“. Nein, das haben wir nicht getan und das tun wir auch in Zukunft nicht.

Es bleibt der Wille, die so genannte Corona-Pandemie als Rechtsstaat auf dem Boden des Grundgesetzes mit geeigneten und verhältnismäßigen Mitteln zu überstehen. Es bleiben viele Menschen, die sich nun eben ein anderes Label für ihren politischen Willen suchen, oder auf ein solches Label verzichten müssen.

Vor das weiße Plakat mit der Telefonvorwahl stelle ich mich, stellen wir uns nicht mehr, denn es ist beschmutzt, und zwar vom innersten Kreis derer, die es erfunden haben.